Wetterphänomen - Föhn (Teil 3/3)

In diesem Bericht geht es um die physikalischen Aspekte des Föhnwindes, exemplarisch erläutert für Orte in der Schweiz.

In unseren letzten beiden Berichten haben wir erklärt, was genau ein Föhnwind ist und wie er die allgemeine Wetterlage beeinflusst.

Kurze Zusammenfassung der vorherigen Artikel:

  • Im deutschsprachigen Raum wird ein warmer, trockener Fallwind als Föhn bezeichnet. Dieser entsteht beispielsweise auf der Lee-Seite eines Gebirges, wenn Luftmassen durch kräftige Winde einen Berg oder eine Gebirgskette überströmen.
  • Die Überströmung wird von unterschiedlichen Luftdruckverhältnissen auf der Luv- und Leeseite eines Gebirges hervorgerufen.
  • Die Großwetterlage in Europa hat einen entscheidenden Einfluss auf die Entstehungsmechanismen des Föhnwindes.

Fallstudie: Die Schweizer Alpen

In der Schweiz lassen sich je nach Windströmung vier Großwetterlagen unterscheiden: Westwind, Bise, Nord- und Südföhn. Bei typischen Südföhnlagen befindet sich ein Hochdruckgebiet (H) südöstlich der Alpen (z.B. Lugano) und ein Tiefdruckgebiet (L) in der Nordschweiz (z.B. Zürich). Daraus ergibt sich eine süd- bis südwestliche Höhenströmung über den Alpen. Der Luftdruck im Mittelland ist deutlich geringer als auf der Alpensüdseite. Je größer der Druckunterschied, desto größer ist die Druckgradientenkraft und entsprechend stärker die ausgleichende Windströmung.

Der Föhneffekt

Der Effekt des Föhns wird exemplarisch am 26. Februar 2024 gezeigt, als ein Südföhn vorherrschte. Die Bildschirmfotos zeigen die Meteogramme für Altdorf (Alpennordseite) und Bellinzona (Alpensüdseite). Für Altdorf zeigt es hohe Windgeschwindigkeiten, keinen Niederschlag, Bewölkung in der oberen Troposphäre und die höchste Tagestemperatur der Woche (14°C). Für Bellinzona zeichnet sich jedoch ein beinahe gegenteiliges Bild ab: mittlere Windgeschwindigkeiten, Niederschlag während des ganzen Tages, Bewölkung mit Wolkenbasis in der unteren Troposphäre und deutlich niedrigere Temperaturen im Vergleich zum Rest der Woche. Einer der Gründe für diese Gegensätze ist der Südföhn. Als warmer und trockener Fallwind verursacht er in den nördlichen Alpentälern orkanartige Böen und ist bei seinem Eintreffen für einen drastischen Temperaturanstieg verantwortlich.

Die folgende Abbildung erklärt, warum der Föhnwind zu einer lokalen Erwärmung auf der Lee-Seite eines Gebirgsfußes beitragen kann. Die Darstellung zeigt sechs Schritte:

1) Stellen wir uns ein Luftpaket vor, welches von Bellinzona im Süden (hoher Druck) nach Altdorf im Norden (geringer Druck) über die Alpen strömt. Durch den Aufstieg des Luftpaketes erfährt dieses anfänglich eine trocken adiabatische Abkühlung von durchschnittlich -0.98°C pro 100 m. Sie wird als trocken definiert, weil das Luftpaket ungesättigt ist, d.h. die relative Luftfeuchtigkeit liegt unter 100%, und das Luftpaket weiterhin Wasser aufnehmen kann. Adiabatisch bezeichnet den thermodynamischen Prozess, bei dem kein Austausch von Wärmeenergie zwischen Luftpaket und Umgebung stattfindet.

2) Je höher ein Luftpaket aufsteigt, desto kälter wird es und desto weniger Wasser kann es speichern. Irgendwann ist das Luftpaket gesättigt (RH = 100%). In dieser Höhe beginnen sich Taupunkt und Wolken zu bilden. Die Höhe, in der dies geschieht, wird auch als Kondensationsniveau (LCL) bezeichnet. Ab diesem Punkt steigt die Luft nicht mehr trocken, sondern feuchtadiabatisch auf, d. h. die durchschnittliche Abkühlung sinkt nun auf -0,65 °C pro 100 m. Dies liegt daran, dass während des feuchtadiabatischen Aufstiegs latente Wärme freigesetzt wird und die Luft somit weniger stark abkühlt. Latente Wärme ist in diesem Fall die Energie, die bei einem Phasenwechsel von gasförmig (Wasserdampf) zu flüssig (Wasser) an die Umgebung freigesetzt wird.

3) Auf der Luv-Seite der Alpen kommt es zu Steigungsregen, bevor das Luftpaket den Gebirgskamm erreicht. Von da an ist eine eindrucksvolle Föhnmauer in Altdorf zu erkennen.

4) Sobald die Luftmasse die Lee-Seite (Alpennordseite) erreicht, wird das Luftpaket zum Absinken gezwungen. Da es bereits Niederschlag abgegeben hat und sich durch den Abstieg erwärmt, wird die Kondensationsgrenze früher erreicht, d. h. auf einem höheren Niveau als auf der Luv-Seite des Berges. Von diesem Zeitpunkt an liegt die relative Luftfeuchtigkeit wieder unter 100 %. Da das Luftpaket ungesättigt ist, kehrt es zu einem trockenadiabatischen Gradienten von durchschnittlich +0,98°C pro 100 m zurück.

5) Bedingt durch die Form der Alpen wird die Luft in der mittleren Troposphäre stark verwirbelt. Es bilden sich so genannte Leewellen, die für die Entstehung typischer Wolken (z.B. Rotorwolken, Föhnfische oder Stratocumulus lenticularis) verantwortlich sind.

6) Insgesamt erwärmt sich die absteigende Luft nun stärker, als sie sich zuvor beim Aufsteigen abgekühlt hat. Die absteigenden Luftmassen (Subsidenz) führen zur Auflösung der Bewölkung und zu klarem Himmel. Da praktisch der gesamte Abstieg nun trockenadiabatisch verläuft, ist die daraus resultierende warme Luft in Altdorf für die steigenden Temperaturen in diesem Gebiet verantwortlich.

Kommentare

Veröffentlicht am 08.07.2024 09:58:17 von ria@^*<<:=&;.ch

Alle drei Teile des Wetterphänomens Föhn ist super gut erklärt! Danke. Als alter Segler (Binnen und Buten) habe ich mich natürlich (als Laie) auch mit dem Wetter beschäftigt. Bei den entsprechenden Patent-Prüfungen musste man auch Fragen zum Wetter beantworten. Das zu kennen kann vor allem Buten für eine sichere Fahrt für Mannschaft und Schiff ggf. sehr wichtig werden. Aber auch auf dem Zürichsee möchte ich nicht unerwartet in einen Fönsturm kommen. Darum freue ich mich so über die drei Artikel.
Grüsse an die Verfasserin der Artikel und speziellen Dank an Frau Schlögl.

Veröffentlicht am 10.07.2024 09:42:35 von ga9gmxde

mmh. den im dreiteiligen Artikel beschriebenen Gedankenansatz zur Erklärung des Föns habe ich bereits vor über dreizig Jahren gehört und gelesen. In der Zwischenzeit gibt es allerdings bereits mehr Wissen zu diesem Thema. Vergleiche u.a.:

https://lu-glidz.blogspot.com/2022/12/fohn-bei-kleinem-druckgradient.html
https://lu-glidz.blogspot.com/2018/11/der-wohltemperierte-fohn.html

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